Sie weiß, wie viel Mut in einem Blick liegen kann. Michaela Burkert ist nicht nur erfolgreiche Make-up-Artistin und Vizemeisterin bei einem internationalen Make-up-Wettbewerb, sondern auch Herz und Hand im Projekt „Beautiful You“.
Bei dem Projekt „Beautiful You“ schenkt die 37-Jährige Schwandorferin krebskranken Frauen einen Moment Leichtigkeit und neues Selbstvertrauen. Ein Gespräch über Farbe, Gefühl und echte Schönheit.
Du hast in der Coronazeit dein Hobby zum Beruf gemacht. Wie kamst du dazu?
Ich bin immer gerne zur Kosmetikerin gegangen. Das Thema hat mich sehr interessiert – nicht nur aus ästhetischen Gründen, sondern auch aus anatomischer Sicht, etwa wie die Haut funktioniert. Die Arbeit mit der Haut im Gesamten fand ich spannend. Dann habe ich eine Fachkosmetikerausbildung gemacht und mich danach für mehr Know-how für eine Medical Kosmetik Weiterbildung entschieden. Außerdem habe ich anschließend eine Ausbildung zum Make-up-Artist gemacht.
Was fasziniert dich am Arbeiten mit Haut und Gesicht am meisten?
Alles (lacht). Ich mag einfach die Arbeit mit den Menschen, zu sehen, wie die Leute ticken, und deren verschiedene Hautbedürfnisse, da ist jeder sehr individuell. Jeder bekommt von mir auch unterschiedliche Pflege – passend für seine Bedürfnisse. Ich setze mich gerne damit auseinander, wie die kosmetischen Produkte entstehen. Jeder sollte sich dafür interessieren, was und welche Wirkstoffe er sich auf die Haut schmiert.
Du machst sowohl klassische als auch medizinische Kosmetik und schminkst zusätzlich – wie viel Psychologie steckt in deiner Arbeit?
Es steckt sehr viel Psychologie dahinter – ich würde sagen, es nimmt 50 Prozent meiner Zeit ein. Die Haut spiegelt sehr viel wider, was wir in uns tragen. Alles in uns wird auf unsere Haut, unser Gesicht übertragen. Das müssen nicht immer Hautunreinheiten sein, sondern auch beispielsweise Lachfalten. Generell sind Falten heutzutage ein sehr diskutierter Timer. Ich feiere Frauen, die zu sich und ihren Falten stehen. Sie zeigen, was wir im Leben erlebt haben. Wir werden alle älter und das sollten wir akzeptieren.
Wann ist ein Gesicht für dich „schön“ – und wann „echt“?
Jeder Mensch hat etwas. Jeder ist auf seine Weise interessant und oftmals unterschätzen sich viele Leute selbst. Mit Make-up und Schminke können wir der Haut etwas sehr Gutes tun. Da reicht oft ein kleiner Tipp, wie man etwas kaschieren oder verbessern kann. Viele Frauen sagen, dass sie etwas nicht tragen können oder, dass es ihnen nicht steht. Und im Nachgang sind sie selbst überrascht, wie gut etwas zu ihnen passt. Das deutsche Publikum ist sehr bodenständig, was das Make-up angeht. Frauen in Richtung Tschechien, Slowakei oder Polen trauen sich da mehr. Auch wenn Natürlichkeit hier die Nummer eins ist, und die auch wirklich schön ist, würde ich sagen, dass sich die Frauen mehr trauen können. Wichtig ist nur, dass für sich zu machen und sich dabei wohlzufühlen.
Gibt es Momente, in denen du spürst: Das hier ist mehr Therapie als Behandlung?
Sehr oft kommen Leute mit Problemen zu mir – da muss man sich natürlich auch immer schützen. Ich bin sehr empathisch und habe immer ein offenes Ohr. Was wir besprechen, bleibt auch unter uns. Jeder trägt seine Geschichte. Jeder hat happy Momente, aber auch Sorgen. Manche Geschichten sind für mich selbst sehr traurig. Während der Behandlung öffnen sich die Menschen. Ich arbeite ja auch mit meinen Händen auf deren Haut. Dabei kommt es auch öfter zu Tränen. Wir bekommen alle von außen einen enormen Druck und wenn man dann ein oder zwei Stunden für sich findet, kann das sehr entlasten.
Du hast beim International Master’s Award Make-up in München den zweiten Platz erreicht. Was war das für ein Gefühl?
Das war absolut bombastisch (lacht). Ich würde sagen, dass die drei vorderen Plätze alle ein absoluter Erfolg sind. Die Konkurrenz ist aus ganz Europa und sehr hart, und überhaupt an dem Wettbewerb teilnehmen zu dürfen, ist gar nicht so leicht. Es können sich alle zertifizierten Make-up-Artists bewerben. Anschließend wird vorausgewählt und die besten neun dürfen kommen und antreten. Für mich ist das ein toller Erfolg und es hat mir bestätigt, dass ich meine Arbeit, die ich liebe und mit Leidenschaft mache, gut ausführe. Es war für mich auch einfach ein tolles Thema, das ich erarbeiten durfte.
Das Motto war „Peach Blossom“. Wie bist du an das Thema herangegangen – und wie hast du deinen Look entwickelt?
Als ich die Vorgaben gelesen habe, wusste ich sofort, dass ich mit Frischblumen arbeiten werde – da konnte ich mit den Peach-Nuancen arbeiten, also Rosé und Bronze, und ich wollte unbedingt Strass einarbeiten. Monate vorher habe ich schon Ideen gesammelt und mich vorbereitet. Das meiste habe ich vorher schon gebastelt. Mit den ganzen Haarapplikationen durfte ich zwei Stunden vor Beginn anfangen. Lediglich das Gesicht musste zum Startschuss „leer“ sein. Für das Make-up hatte ich dann eine Stunde vor Ort Zeit – das war richtiger Zeitdruck. Das hatte ich vorher auch gar nicht wirklich geübt. Das Kleid hatte ich mir aus Bayreuth ausgeliehen, die Schuhe waren meine, die Blumen waren hier aus der Region und eine Freundin war mein Model. Die hat alles toll präsentiert.
Wie ist generell der ganze Ablauf vom Wettbewerb?
Man bewirbt sich und wartet dann erst mal auf die Entscheidung, ob man eingeladen wird und einer der sechs (diesmal waren es ausnahmsweise neun) ausgewählten Make-up-Artists ist. Mit der Einladungsmail kommt direkt das Veranstaltungsdatum und der Ablauf, außerdem erhält man die Info, was erlaubt ist und was nicht – welche Farben gewünscht sind und welche Vorgaben man einhalten muss. Und dann startet man mit den Vorbereitungen.
Während dem Wettbewerb ist gleichzeitig die Kosmetikmesse und somit ist auch die Veranstaltung offen für alle Besucher. Ich hatte in der einen Stunde, in der ich mein Model geschminkt habe, ein großes Publikum hinter mir. Die Jury bewertet in dieser Zeit die Professionalität, Technik, die verwendeten Produkte und auch die Hygiene der Teilnehmer. Wenn die Zeit stoppt, wird präsentiert und die Jury schaut sich mit dem richtigem Licht an, wie geschminkt wurde und ob alles symmetrisch ist. Man bekommt für alles Kriterienpunkte. Die Bewertung dauert etwa zwei Stunden und dann folgt die Präsentation durch die Models auf dem Catwalk – das ist eine richtige Show und das Highlight für das Beautyforum.
Eine Stunde Zeit, internationale Konkurrenz und eine hochkarätige Jury – wie bleibt man da ruhig?
Das muss man einfach (lacht). Aber ich war schon sehr nervös. Man muss sich wirklich auf die Arbeit konzentrieren. Sich zu stressen bringt da nichts. Man muss wissen, was man kann und das auch in dieser einen Stunde beweisen. Dabei muss man sich einfach stark auf sich selbst verlassen können und innere Ruhe bewahren.
Du engagierst dich bei „Beautiful You – vergiss nicht, dass du schön bist“. Wie bist du zu diesem Projekt gekommen?
Vor einem Jahr hat mich eine Freundin dazu gebracht – sie ist Friseurin. Mich hat das total überzeugt und ich wollte helfen, den Frauen zusammen mit den Friseurinnen, Stylistinnen und Fotografinnen ein unvergessliches Erlebnis zu bereiten. Die Geschichten der krebskranken Frauen sind sehr schwer, aber ich kann das tragen. Ich denke, ich passe da sehr gut rein und kann den Frauen in dem Moment das geben, was sie brauchen – kosmetisch und seelisch. Ich bin ein sehr fröhlicher Mensch und diese positive Stimmung bringe ich auch an dem Tag mit, an dem wir die Frauen stylen und fotografieren. Sie sollen sich absolut wohl fühlen und das erreichen wir auch immer. An dem Tag sollen sie alles vergessen – wunderschön und toll geschminkt.
Was bedeutet es dir, krebskranken Frauen einen Tag lang dieses Gefühl von Schönheit zurückzugeben?
Total viel! Ich bin sehr froh, dass ich dabei sein kann. Ich kann dort was Gutes für die Menschen tun und Schönheit und Glücksmomente bereiten.
Gibt es ein Erlebnis aus diesem Projekt, das dir besonders im Herzen geblieben ist?
Ja, auf jeden Fall. Ich habe dort eine Teilnehmerin geschminkt, die mittlerweile nicht mehr unter uns ist. Ihre Geschichte und Persönlichkeit werde ich mein Leben lang nicht mehr vergessen – auch ihren Willen, ihre Art und Schönheit nicht. Sie war anschließend auch bei mir im Studio, da ich mit einer bestimmten Methode Onkologie-Patienten Augenbrauen tätowiere. Ich werde keine der Teilnehmerinnen vergessen, aber ihre Geschichte ging mir sehr nah.
Wie schaffst du den Spagat zwischen Glitzerbühne und Praxisalltag – zwischen Glamour und Hautproblemen?
Es sind natürlich zwei unterschiedliche Welten – Glamour und der Alltag hier. Meine Kunden kommen aus verschiedenen Gründen, nicht nur wegen Hautproblemchen. Viele wollen auch nur entspannen, aber Kosmetik und Ästhetik gehört immer zusammen. Für den Wettbewerb bin ich aus meiner Komfortzone herausgetreten und habe das mitgenommen. Das hat mir nochmal bestätigt, dass ich zielstrebig bin und Herausforderungen mag. Aber am Ende gehen die zwei Welten Hand in Hand.
Und was sind deine ultimativen Tipps für gesunde Haut und ein perfektes Hautbild?
Viel trinken ist gut und die Haut mit Lichtschutzfaktor schützen. Aber gleichzeitig auch nicht vergessen, Sonne und damit Vitamin D zu tanken. Licht ist auch für die Seele gut. Qualitativ hochwertige Produkte und Pflege mit guten Inhaltsstoffen sind auch wichtig – und ein Hobby aus psychischen Gründen sowie Zeit für sich. Ich gehe beispielsweise jede Woche ganz alleine in die Sauna, um nur mit mir und meinen Gedanken zu sein. Aber da muss jeder für sich selbst finden, was ihm gut tut. Es gibt ja auch Leute, die nicht alleine sein können – das ist aber auch ok. Ein Buch lesen und ins Grüne an die frische Luft gehen, ist ebenso wichtig für strahlende Haut. Auch die Gesellschaft von der Familie und Freunden tut gut. Meine Familie ist meine Quelle für alles. Die Energie, die wir haben, gebe ich auch immer weiter.
Was darf in der Kosmetiktasche nicht fehlen?
Auf jeden Fall eine geeignete Creme für die Haut – einen Moisturizer passend zum Hauttyp. Ich verwende immer gerne eine BB Cream, also eine getönte Tagescreme. Auch ein Mineralpuder und eine Mascara finde ich wichtig. Und ich bin ein absoluter Fan von Lipgloss oder einem Lippenstift zur Hydration – das fehlt bei mir nie, obwohl ich gar nicht der Mensch bin, der sich immer schminkt. Und wenn ich mich schminke dann sehr natürlich. Mir geht es nur darum, dass die Haut natürlich gepflegt ist.
Und zum Schluss: Was ist für dich persönlich das Geheimnis echter Schönheit?
Das Herz, also der Charakter, würde ich sagen. Das, was du bist – im tiefsten Inneren. Du kannst ein super schönes Gesicht haben, aber was hilft dir das, wenn du einen schlechten Charakter hast. Das macht für mich die ganze und wahre Schönheit aus.