Digital Streetworker sind in sozialen Medien und im Internet unterwegs. Sie sind ausgebildet, online Menschen mit Problemen zu erkennen. Katha Röhrl leistet hierbei wichtige Arbeit für die Oberpfalz. Wie er das macht, lest ihr hier.
Trigger Warnung: Dieser Artikel behandelt sensible Themen wie Depressionen, physische Belastungen, gesundheitliche Herausforderungen und Einsamkeit. Die Inhalte könnten belastend sein, insbesondere für Personen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Im digitalen Raum gibt es oft stumme Hilferufe. Dank der Arbeit von Digital Streetworker bleiben diese nicht ungehört. Sie sind auf sozialen Plattformen und allgemein im Internet aktiv und nehmen sich den Problemen junger Menschen an.
Insgesamt gibt es bei Digital Streetwork Bayern 14 Stellen. Katha Röhrl aus Regensburg ist einer von ihnen und mit Kollege Nando Petri für die Oberpfalz zuständig. „Zusätzlich zu den üblichen Streetworkern treten wir im Online-Bereich auf vielen Plattformen sowie in sozialen Medien an die Menschen heran”, erklärt der 28-Jährige. Digitale Welten werden immer relevanter und Digital Streetworker können nach Hilfe suchende Menschen inzwischen auch dort gezielt auf ihre Probleme ansprechen.
Dabei sind menschliche Eigenschaften wie Empathie, Flexibilität, Kreativität und Einfallsreichtum essenziell. „Mitunter muss ich mich sehr schnell auf sehr sensible Themen einlassen und mit schwierigen Lebenssituationen klarkommen”, sagt Röhrl. Die Skills hat er sich im Studium für Soziale Arbeit angeeignet. Seit November 2021 ist er schon für die Menschen im digitalen Raum da.
Die Zielgruppe beschränkt sich dabei auf Menschen bis 27 Jahre. Dabei haben sie mit den unterschiedlichsten Problemen zu kämpfen. „Relevante Themen sind immer wieder psychische Gesundheit und Belastung, Einsamkeit, Zukunftsängste, Perspektivlosigkeit sowie finanzielle Ängste”, sagt Röhrl. Über diese Probleme reden die Betroffenen in Familien oder bei ihren Freund*innen meist nicht.
Und da kommen die Digital Streetworker ins Spiel. Sie sprechen die Leute auf den Plattformen wie Instagram und TikTok oder in Foren auf Reddit gezielt an. Dafür haben sie individuelle Accounts, welche sie als Digital Streetworker repräsentieren. Auf Reddit geschieht das sogar mit einem Bot, der nach Trigger-Wörtern wie „obdachlos”, „Drogen”, „Therapie” oder „Depression” sucht. „Niemand muss eine Hürde überspringen, weil wir uns eh da aufhalten, wo die Leute sind.”
Aufmerksam wird Röhrl zum Beispiel, wenn er Beiträge liest wie „Ich habe Stress zu Hause und weiß nicht, wie ich damit umgehen soll” oder „Ich fühle mich einsam und schaffe es nicht, Freundschaften aufzubauen”.
Dann geht er gezielt auf die Menschen zu und bietet ihnen individuelle Hilfe und Beratung an. Dabei unterliegt alles einer Schweigepflicht. „Nichts von dem, was uns anvertraut wird, gelangt an Lehrkräfte, Familien oder Freund*innen”, ergänzt der 28-Jährige.
Das Bayerische Sozialministerium finanziert die Arbeit der Digital Streetworker. Materielle Hilfe können sie den Betroffenen jedoch nicht anbieten. „Wir sind mehr die Brücke zu weiteren professionellen Angeboten, welche die Menschen wahrnehmen können”, erklärt Röhrl. Sie können mit den Digital Streetworkern telefonieren, chatten und Videoanrufe führen.
„Wir erklären dann individuell, welche nächsten Schritte unternommen werden können, um die Situation zu verbessern.” Das können beispielsweise die Vermittlung eines Therapieplatzes, die Unterstützung bei der Jobsuche oder die Vereinbarung eines Termins bei der Suchtberatung sein. Manche Menschen möchten auch einfach nur reden und brauchen jemanden, der ihnen zuhört. „Es ist wichtig, einfach für die Menschen da zu sein”, betont Röhrl.
Nach eigenen Angaben werde das Angebot im digitalen Raum sehr gut angenommen. „Natürlich ergeben sich nicht aus jedem Aufruf Gespräche und Kontakte”, erklärt Röhrl. Im ersten Halbjahr 2024 nahmen etwa 2000 junge Menschen das Angebot der Digital Streetworker wahr. „Mit ihnen hatten wir dann direkten Kontakt.”