Faszination Wahrsagen: beeindruckende Trefferquote | Weiden24

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
LEO-Autorin Julia Hammer möchte glauben.  (Bild: Sara Neidhardt)
LEO-Autorin Julia Hammer möchte glauben. (Bild: Sara Neidhardt)
LEO-Autorin Julia Hammer möchte glauben. (Bild: Sara Neidhardt)
cancel
info
LEO-Autorin Julia Hammer möchte glauben. (Bild: Sara Neidhardt)

Faszination Wahrsagen: beeindruckende Trefferquote

Ich würde so gerne glauben. Schon seit meiner Kindheit fasziniert mich das Übersinnliche. Die Möglichkeit, dass es noch weit mehr gibt als das, was wir mit unserem rationalen Geist wahrnehmen.

Telekinese. Botschaften aus dem Jenseits. Verwunschene Spukorte. Andere Dimensionen. All das, was wir aus antiken Sagen, unzähligen Filmen, Büchern und Liedern kennen.

Umso mehr habe ich mich gefreut, als ich vor vier Jahren bei Recherchen für eine Reportage auf die Hellseherin Annatala Natalia Geiger und ihr Angebot gestoßen bin. Wenige Wochen später habe ich sie zum ersten Mal besucht. Wir haben lange geredet, sie hat mir Einblicke in ihre Vergangenheit, ihre Arbeit und ihre Vorhersagen gegeben, die, zugegeben, sehr beeindruckend geklungen haben. Nicht nur einmal habe sie Menschen vor Katastrophen bewahrt. Krankheiten gesehen und den entscheidenden Tipp gegeben, dringend ärztlichen Rat aufzusuchen. Ihren Kunden die große Liebe prophezeit. Ja, selbst Corona habe sie vorhergesehen. Dann sagte sie zu mir: „Sie sind nicht verheiratet und schon lange alleine. Da ist eine große Mauer um Sie. Aber bald werden Sie jemanden treffen, der Sie begeistert.“ Das ist natürlich schön zu hören, aber das trifft vermutlich auf viele zu. Am Ende bin ich mit einem guten Gefühl gegangen. Ob ich überzeugt war … ja, da ich die Masse an eingetroffenen Prophezeiungen, von denen sie erzählt hat, beeindruckend fand. Nein, weil ich selbst nicht erlebt hatte, dass sie mir etwas Schlagkräftiges aus meiner Vergangenheit oder meiner Gegenwart sagt. Im Laufe der Jahre musste ich immer wieder an Annatala Natalia Geiger denken – und habe schließlich noch einmal einen Termin mit ihr vereinbart. Vielleicht auch, weil ich so gerne etwas hören wollte, was mich überzeugt. An dem Tag begleitet mich eine Kollegin. Wir kennen uns gut, wissen private Dinge voneinander. Sie Skeptikerin. Ich bereit, überzeugt zu werden. Eine gute Kombination. Ich stelle also meine Fragen, Annatala Natalia Geiger beantwortet sie – mit gewohnt interessanten Erfolgsgeschichten. Sie hat nichts von ihrem Charme verloren. Sie sitzt gegenüber von mir auf ihrer Essbank, erklärt uns gerade, wie man pendelt, als sie plötzlich ernst wird, mich ansieht und sagt: „Jemand aus ihrer Familie ist gestorben. Jemand männliches.“ Ich bin so perplex, dass ich nur „oh, woher kommt das denn jetzt?“ sage. „Das sehe ich jetzt bei Ihnen. Gerade hat sich etwas um Sie herum verändert.“

Was folgt ist eine Ansammlung an Fakten. Sie sagt, wer genau verstorben ist. Wann. Wie alt er war. Schildert detailliert den Krankheitsverlauf. Beschreibt sein Aussehen und die Ähnlichkeiten zu mir. Die Auswirkungen auf die Familie nach seinem Tod. Ich bin selten sprachlos. Aber ich muss zugeben, dass mich dieser Moment kalt erwischt hat. Dieser Tod ist das sensibelste Thema in meinem Leben. Nur sehr wenige enge Freunde kennen die genaue Geschichte. Ich überlege, gehe sofort sämtliche meiner Kolumnen durch, in denen ich durchaus tiefe Einblicke in mein Leben gebe, aber nein. Ich habe niemals darüber geschrieben. Daher kann sie es nicht wissen. Annatala lächelt und holt mich zurück aus meinen Gedanken. „Manchmal sind die Verstorbenen immer noch bei uns.“ In diesem Moment kämpfen 100 verschiedene Gefühle, Gedanken und mein Verstand gleichzeitig in mir. Woher kann sie das wissen? Extrem gute Menschenkenntnis? Oder ist da doch mehr? Ich kann es nicht sagen. Aber acht präzise und detaillierte Fakten – ohne eine Reaktion oder Bestätigung meinerseits abzuwarten, das ist schon eine erstaunliche Trefferquote. 100 Prozent. Wie wahrscheinlich ist es, dass sie Glück hatte und alles erraten hat? Nein, das halte ich für unwahrscheinlich. Meine Kollegin und ich haben noch lange über diesen Termin gesprochen. Eines ist sicher: Er wird uns noch einige Zeit begleiten.

north