Aufräumcoach Kathy Kneusel schafft Ordnung | Weiden24

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Kathy Kneusel ist ausgebildeter Aufräumcoach. (Bild: Julia Hammer)
Kathy Kneusel ist ausgebildeter Aufräumcoach. (Bild: Julia Hammer)
Kathy Kneusel ist ausgebildeter Aufräumcoach. (Bild: Julia Hammer)
cancel
info
Kathy Kneusel ist ausgebildeter Aufräumcoach. (Bild: Julia Hammer)

Aufräumcoach Kathy Kneusel schafft Ordnung

Vor einem Jahr machte Kathy Kneusel ihre Leidenschaft zum Beruf und unterstützt seitdem als Aufräum- und Ordnungscoach. Im Interview erzählt sie von ihrem Konzept, „großen Monstern im Kopf“ und wie es gelingt, Spaß beim Aufräumen zu haben.

Warst du schon immer ein ordentlicher Mensch?

Nicht unbedingt. (lacht) Aber mir ist es schon immer sehr leicht gefallen, Ordnung zu schaffen, die Strukturen dahinter zu verstehen und sie zu vereinfachen. Das zieht sich durch viele Bereiche meines Lebens. Ich bin schon oft umgezogen, wodurch der Wunsch entstanden ist, mich vorher von den Dingen zu trennen, die ich nicht mehr brauche. Also habe ich ausgemistet und der Umzug war leichter. Mir war lange nicht bewusst, dass meine Struktur und meine Ordnung Eigenschaften sind, die nicht viele haben. Bin ich umgezogen, war meine Wohnung oft schon nach einer Woche fertig eingeräumt. Freunde haben immer wieder gesagt: „Wie schaffst du das nur? Ich würde hier auch sofort einziehen.“ Das war natürlich ein großes Kompliment.

Wie bist du Aufräum- und Ordnungscoach geworden?

Der Wunsch war schon ganz lange da. Durch meine Erfahrung, mein Interesse und die vielen Komplimente, die ich bekommen habe, wusste ich, dass ich das machen möchte. In den USA gibt es den Beruf „Professional Organizer“ schon seit 1986. Gleichzeitig ist der Hype durch Marie Kondō gewachsen. Irgendwann habe ich entdeckt, dass man sich auch in Deutschland dazu ausbilden lassen kann. So habe ich mich mit 49 Jahren dazu entschieden, diesen Schritt zu gehen. Die Ausbildung hat alles vereint, was ich gerne mache und sehr gut kann. Seit August 2023 bin ich zertifizierter Aufräumcoach.

Wer sind deine Klienten?

Ganz unterschiedlich. Es sind Familien oder auch Singles, die mehr Ordnung in ihren Alltag und ihr Zuhause bringen wollen. Menschen, die einen Haushalt auflösen müssen. Auch ältere Personen, die schon vorsorgen, um ihren Liebsten Arbeit nach ihrem Ableben zu ersparen. Gleichzeitig engagieren mich Unternehmen für ihre Büros sowie Vereine.

Du sagst „Deine Räume spiegeln deine Persönlichkeit“ ...

… das ist richtig. Denn die äußere und die innere Ordnung bedingen sich. Chaotische Räume sind oft ein Zeichen für einen ungeordneten Geist. Unser Innerstes wird also nach außen getragen und kann sich in unserem Lebensraum widerspiegeln.

Was sind die größten Aufräum-Fehler?

Die größten Fehler sind: Ohne einen klaren Plan anzufangen. Unnötig an Dingen festzuhalten und zu viel auf einmal zu wollen. Es zu perfektionistisch zu machen beziehungsweise unorganisiert herumzuräumen, ohne dass die Dinge ihren festen Platz haben. Viele kaufen erst Boxen und Organizer und wissen noch gar nicht, was sie behalten wollen und wo es aufbewahrt wird.

Wenn du in einer unordentlichen Wohnung bist, was ist dein erster Schritt?

Am Anfang steht immer ein kostenloses Kennenlerngespräch. Es ist wichtig, dass die Chemie stimmt und wir uns miteinander wohlfühlen. Dann finde ich heraus, welche Ziele und Wünsche die Personen haben. Ordnung ist immer ein Werkzeug für einen ganz anderen Wunsch, der dahintersteckt. Bei manchen ist es, endlich wieder Besuch empfangen zu können, andere wollen weniger Zeit mit der Suche nach Dingen in ihrer Wohnung vergeuden. Wieder andere wollen einen übersichtlichen Kleiderschrank, in dem nur noch Stücke hängen, die sie glücklich machen. Ist das geklärt, beginnen wir mit dem Bereich der Wohnung oder des Hauses, der im Alltag am meisten blockiert. Bei Familien ist das ganz oft die Küche oder das Esszimmer, bei manchen ist es das Arbeitszimmer mit all dem Papierkram
oder auch das Schlafzimmer mit den unordentlichen Schränken. Betrifft es die ganze Wohnung, machen wir eine Prioritätenliste, erstellen einen Zeitplan und arbeiten alles nach und nach ab. Vielen ist nicht bewusst, dass es richtig Spaß machen kann, Ordnung zu schaffen. Ich motiviere immer wieder, behalte den Gesamtüberblick und mit der Lieblingsplaylist ist es viel leichter und die Freude über ein sichtbares Ergebnis, manchmal schon nach drei Stunden, ist groß. Ich finde es immer wieder anerkennenswert, wenn jemand bereit ist, etwas zu verändern.

Wie geht es weiter?

Der dritte Schritt ist, Gleiches zu Gleichem zu bringen. Zum Beispiel beim Kleiderschrank. Wir suchen alle T-Shirts zusammen – auch die an anderen Orten gelagert sind. Ein kompletter Überblick über den Besitz ist wichtig. Oft wissen die Personen nicht, wie viel sie überhaupt von einer Kategorie haben. Dann schauen wir alles durch und misten aus. Es ist immer wieder so schön zu sehen, wie befreiend es ist, sich von Dingen zu trennen. Ein interessanter Fakt: Wir leben im Überfluss. Noch vor hundert Jahren besaßen die Menschen rund 180 Dinge – einschließlich Möbel, Kleidung und Küchenutensilien. Heute hat ein Mensch rund 10.000 Dinge. Vieles davon brauchen wir nicht. Im vierten Schritt findet alles, was behalten wird, einen festen und sinnvollen Platz. Dazu ein Beispiel: Es ergibt keinen Sinn, wenn ich auf dem Schreibtisch ein Tintenfass, Füller und Briefpapier liegen habe, aber nur ein Mal im Jahr einen Brief schreibe. Das nimmt Platz ein, der sinnvoller genutzt werden kann. Hingegen nutze ich den Locher täglich, doch den habe ich irgendwo hinten im Schub verstaut. Das bedeutet, ich schaue mir auch die Gewohnheiten der Menschen an und strukturiere dann sinnvoll. Wichtig ist auch, den Gegenständen oder Kleidungsstücken Raum zu geben. Wir stellen nicht wieder alles voll, sondern lassen Luft. Im letzten Schritt benutzen wir schon Vorhandenes oder kaufen ein: Organizer und Kisten.

Nach welchem Konzept arbeitest du?

Ich habe mein eigenes Konzept entwickelt und festgestellt, dass es Menschen hilft, wenn ich Fragen stelle. Unordnung hat oft einen emotionalen Hintergrund. Den versuchen wir gemeinsam herauszufinden. Oft hält man an Dingen fest, weil wir uns schuldig fühlen, ein schlechtes Gewissen haben oder aus Scham. Ein Beispiel: Warum kann ich die Abizeitung nicht wegschmeißen? Weil vielleicht ein Bild einer Freundin darin ist, die ich schon lange nicht mehr angerufen habe. Oder die teure Taucherausrüstung, die ich noch nie benutzt habe. Sie bleibt stehen, weil ich mich schlecht fühle und mir nicht eingestehen will, dass ich dafür viel Geld bezahlt habe aber sie nie verwenden werde. Die zentrale Frage ist immer: Will ich das behalten? Ohne Rücksicht auf andere, ohne gesellschaftlichen Druck. Mir geht es nur um die Person, die mich engagiert hat. Haben wir die wichtigsten Fragen geklärt, arbeiten wir mit fünf Ordnungskategorien: Entsorgen, verkaufen, verschenken und spenden, reparieren, an einen anderen Ort bringen und manchmal gibt es noch die „Vielleicht“- Kiste. Mein Ziel nach jeder Session ist: Ein deutlich sichtbares Ergebnis.

Du betonst, dass du „vorurteilsfrei“ arbeitest …

… das ist mir wichtig, denn Menschen vergleichen sich oft mit anderen – ihren Freunden oder auch mit Personen in sozialen Netzwerken. Entspricht man nicht diesem scheinbaren Bild, schämt man sich. Treffe ich das erste Mal auf einen Klienten, höre ich immer wieder: „So etwas Schlimmes haben Sie bestimmt noch nicht gesehen.“ Für mich steht hier der Mensch mit seiner Herausforderung im Fokus und wie ich ihm helfen kann, die Grundordnung zu schaffen, die er sich wünscht. Es macht mich traurig, wenn Menschen andere nicht mehr in ihre Wohnung lassen wollen, weil sie sich mit ihr unwohl fühlen und Ausreden erfinden müssen. Dadurch leiden persönliche Beziehungen. In vielen Fällen ist die Situation weit weniger schlimm als die Betroffenen denken. Es ist schon erstaunlich, wie groß das Monster im Kopf oft ist. Mit Unterstützung geht es auf jeden Fall leichter, schneller und zielgerichteter. Viele sind erstaunt, was man schon nach wenigen Stunden erreichen kann.

Wie verändert es Menschen, wenn ihr Zuhause plötzlich ordentlich ist?

Das Feedback meiner Kunden ist, dass sie viel mehr Energie haben. Sie sind glücklicher und leben mit deutlich weniger Stress und Streit. Eine Kundin erzählte mir, dass sie sich jeden Morgen freut, wenn sie ihre geordnete Sockenschublade öffnet. Natürlich merken sie auch schnell, dass sie viel mehr Zeit haben – für die Familie oder ihre Freizeitgestaltung. Und viel mehr Klarheit, Ruhe und ein absolutes Wohlgefühl. Es ist wichtig zu erkennen, dass ein aufgeräumtes und organisiertes Umfeld uns dabei unterstützt, produktiver, fokussierter und effizienter zu sein. Es ist daher ratsam, die Ordnung als wichtige Komponente unserer allgemeinen Lebensqualität zu betrachten.

Du bietest nach vier Wochen ein Nachgespräch an ...

... bei den Nachgesprächen ist für mich wichtig zu erfahren, ob meine Klienten mit dem neuen Ordnungssystem auch langfristig zurechtkommen und dass es nachhaltig funktioniert. Ich bekomme viel positives Feedback. Die Menschen freuen sich über ihre neue Ordnung und die gesteigerte Lebensqualität, die diese mit sich bringt.

Bist du schon mal an deine Grenzen gestoßen?

Ich habe vergangenes Jahr einer Dame geholfen, die eine Wertbeimessungsstörung, auch Messie-Syndrom genannt, hat. Die Fülle an Dingen in dieser Wohnung war sehr herausfordernd. Ich war mir erst nicht sicher, ob ich den Auftrag annehme. Da sie in psychologischer Behandlung ist, habe ich zugestimmt. Ich konnte mit meiner Art und meinem Konzept einen guten Beitrag leisten und helfen, dass sie sich von sehr vielen Dingen getrennt hat.

Welche Tipps hast du für ein ordentlicheres Leben?

Zum einen könnte man das Wort „aufräumen“ aus dem Wortschatz streichen. Das ist für viele zu negativ behaftet, gerade für Kinder. Wenn man die Kraft des Wortes nutzt und beispielsweise „Ich schaffe mir jetzt eine Wohlfühl-Oase“ oder „Ich mache es mir jetzt schön“ verwendet, verbindet man etwas Positives mit der Aufgabe und es fällt leichter. Zum anderen hilft es, sich schon im Vorfeld eine Belohnung zu überlegen, wenn man die Aufgabe erledigt hat. Wenn man nicht weiß, wo man anfangen soll, ist es oft hilfreich, sich einen Happy Place zu schaffen, an dem man Kraft schöpfen kann und der immer wieder motiviert, nach und nach das Chaos anzugehen. Ganz wichtig ist auch: Wenn man sich einer Aufgabe widmet, sollte man den Kreislauf zu Ende bringen. Das bedeutet – wasche ich Wäsche, dann ist das To Do erst beendet, wenn die saubere Wäsche wieder im Schrank ist. Auch weniger Deko sorgt für mehr Ruhe und Ordnung.

Wie wichtig sind Alltagsroutinen für Ordnung?

Sehr wichtig. Vielen hilft es, sich einen Wochenplan zu erstellen und sich daran zu halten. Anfangs ist das nicht leicht, weil man eingefahrene Gewohnheiten ändern muss, aber langfristig kann das sehr helfen. Wenn ich mir beispielsweise am Dienstag und Samstag eintrage, dass ich Wäsche waschen will, erledige ich das genau an diesen Tagen und habe die restliche Zeit meine Gedanken frei. Genauso mache ich es mit allem anderen, was sonst noch anfällt.

Warum halten Menschen so oft an Dingen fest?

Weil Gegenstände oft mit Emotionen verbunden sind. Mein Ziel ist es herauszufinden, warum sie so emotional behaftet sind und ob meine Klienten wirklich daran festhalten wollen. Solche Entscheidungen kosten häufig extrem viel Kraft. Manchmal hilft es beim Loslassen, wenn man ausgemistete Dinge spendet. Es ist schön zu wissen, dass sie noch jemand anderem Freude bereiten werden. Auch das ist ein Problem: Viele wissen nicht, wohin sie ihr Ausgemistetes bringen können, deshalb fangen sie damit erst gar nicht an, sich von etwas zu trennen. Auch dabei kann ich helfen. Ich habe ein Netzwerk von Annahmestellen für Kleidung, Möbel oder auch Spielsachen. Gleichzeitig helfe ich meinen Klienten, wertvollere Dinge zu verkaufen, wenn sie sie nicht verschenken oder spenden möchten.

Endlich Ordnung

Gewinne eine Aufräumstunde mit Kathy Kneusel

Passend zum World-Organizing-Day am 20. Mai verlosen Ordnungscoaches aus ganz Deutschland kostenlose Aufräumstunden. „Wir wollen auf unseren Berufsstand aufmerksam machen und unsere Expertise durch diese Aktion an Menschen weitergeben, die sich eine Beratung aktuell nicht leisten können“, erklärt Kathy, die insgesamt sechs Aufräumstunden im Wert von 480 Euro verlost. Du willst teilnehmen? So einfach geht es. Sende eine Mail vom 20. bis 30. Mai an info@schoenundordentlich.com und stelle dich und deine Situation kurz vor. Ausgelost wird am 1. Juni. Weitere Infos findest du auch hier: www.schoenundordentlich.com.

    north