Die Kirwa-Liesl ist ein so symbolträchtiger wie begehrter Steinkrug. Die Ammerthaler Kirwaleut weihen ihre Liesl jedes Jahr feierlich ein: Wie genau das passiert und warum es gilt, sorgsam darauf zu achten.
Einen Zinnhut und bunte Verzierungen trägt sie und mehrere Liter passen in sie rein: Die Kirwa-Liesl. Die aus Ammerthal trägt die Liesl türkis, ein Wirtshaus und zwei Kirchen. Der Steinkrug ist Wahrzeichen, Symbol und Schatz, der immer in Gefahr schwebt, gestohlen zu werden. „Wir müssen natürlich ultra Obacht geben auf unsere Liesl”, sagt Moritz Koberstein. Wenn sie nämlich geklaut wird, müssen sie die Kirwaleut auslösen. Wer sie gerade hat, ist also höchstpersönlich für ihr Wohlergehen verantwortlich. Moritz ist Vorsitzender der Kirwagemeinschaft Ammerthal und außerdem Gastgeber der ersten Station des Abends.
Bei noch bestem Wetter treffen sich hier die 25 Kirwapaare aus Unter- und Oberammerthal am Freitagabend vor der Kirwa, um ihre Liesl einzuweihen. Dabei fahren sie auf einem Anhänger durchs Dorf, „singen ganz laut und bereiten quasi das Dorf schon mal darauf vor, dass in Ammerthal Kirwa ist”, erklärt Sarah Hirschmann, die andere Vorsitzende der Gemeinschaft. Zuerst ist aber Tanzprobe mit Kreisheimatpfleger Dieter Kohl. Teils komplizierte Tänze, sogar einen Zwiefachen hat er ihnen beigebracht. Außerdem haben die Kirwaleut Gstanzl vorbereitet, die sie nun schnell durchsingen.
Während sich die Paare noch für den Abend stärken, zieht sich der Himmel zu. Das ist blöd, weil sie jetzt eigentlich losfahren wollten, zur ersten Station nach Fichtenhof. Noch bevor sie aber auf den Hänger klettern können, fängt es plötzlich an, zu schütten, was runterkommt. „Zum Glück haben wir noch gesungen”, findet ein blondes Kirwamoidl, halb sarkastisch, halb ernst. Die Kirwaleut hatten ihren Gastgebern mit einem „Dem Spender sei ein Trullala” gedankt, mussten dann aber in deren Garage vor dem Regen flüchten.
Ein paar Minuten harrten sie dort aus, aus Bruckmüller-Kasten hatte es zum Glück auch mit in die Garage geschafft, dann schreit Moritz zur Abfahrt. Im abklingenden Nieselregen steigt einer nach dem anderen über eine Leiter auf den Hänger und dann geht die wackelige Fahrt los. Wackelig, nicht weil die Straße in Ammerthal so löchrig ist, sondern weil die Kirwaleut zu Klassikern wie „In Ammerthal ist Kirwa” oder „Pyrotechnik ist kein Verbrechen” wild auf und ab springen. Von den Balkonen und aus den Fenstern winken die Ammerthaler und lassen sich auf die Kirwa einstimmen.
Erster Stopp ist beim Bauunternehmen Englhard. Dessen Chef und seine Familie haben in großen Kübeln Bier, Wein und Limo kaltgestellt. Außerdem gibt es Küchl für jeden. Die werden zuerst mit Puderzucker beregnet, bald dann aber auch vom Wetter. Stören tut das aber keinen, die Kirwaleut haben trotzdem ihren Spaß. Singen, stoßen an, spielen Flunkyball.
Immer mit dabei: Die Liesl. Aus der schütten sich die Kirwaleut gegenseitig Bier in den Mund. „Die wird nie leer”, erzählt ein Kirwamoidl von der Magie der Liesl - zwinkernd. Als Dieter später dazukommt, wird noch etwas getanzt und gefragt, wer denn jetzt eigentlich Kirwa hat. Und dann packen die Kirwaleut auch schon ihre Regenjacken, die Liesl und die Boombox zusammen, steigen auf den Hänger und es geht weiter. Ein paar Stationen warten ja noch.