Die 19-jährige Luna Winkler schreibt, seit sie es kann. Seit sie in der 2. Klasse das Schreiben mit Füller gelernt hat, denkt sie sich Geschichten aus. Scheinbar ganz mühelos schafft sie es, ihre Leser in eine andere Welt zu entführen.
Bereits im Grundschulalter begann Luna Winkler aus Oed bei Parkstein damit, kleine Kurzgeschichten zu schreiben. Alle mit Füller und per Hand. Früher schrieb sie viel über Tiere – Katzen, Hunde, Pferde. Holte sich Inspirationen von Kassetten und Büchern, die sie selbst in Nu verschlang. Nach und nach begannen auch Menschen immer mehr Rollen in ihren Geschichten zu spielen. Irgendwann stieß sie auf J. R. R. Tolkien – der Autor von „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“. Und sie wusste: „Das will ich auch können. Sein Schreibstil ist so faszinierend, dass ich als Leser Bilder im Kopf sehe.“ Seitdem begleitet es Luna, andere Menschen inspirieren zu wollen. Vor sechs Jahren kam ihr im Sommerurlaub in Schweden die Idee zu ihrem ersten Buch. „Es war erst eine kleine Idee, die sich dann immer mehr steigerte“, sagt die 19-Jährige heute.
2020 veröffentlicht sie ihren über 500 Seiten starken Debütroman. In „Recruited: nichts passiert ohne Grund“ ist der 15-jährige Mika von einem Black-Out in weiten Teilen Skandinaviens betroffen. Eineinhalb Jahre schreibt Luna an ihrem ersten Buch. „Den Roman habe ich mit der Hand geschrieben – das dauert dann schon länger.“ Anschließend versucht sie sich an vielen Kurzgeschichten, die sie auf der Plattform „story. one“ veröffentlicht – mittlerweile sind es über 200 dieser Short-Storys. Und dabei entwickelt sich der Schreibstil der jungen Autorin stetig weiter. „Ich habe meinen Schreibstil noch nicht gefunden. Er ist immer noch in der Entwicklung“, erzählt Luna. Auch ihr Genre hat sie bisher noch nicht festgelegt. „Ich habe mit einem Thriller angefangen, etwas Spannendem. Und jetzt schreibe ich eher locker und leicht, aber auch tiefgründig.“ An sich lassen sich Lunas Bücher in kein Genre einsortieren. „Es sind Alltagsbegebenheiten – das Leben wie es kommt und geht. Ich habe es für mich als Real Fiction festgelegt.“ Aber irgendwann will Luna auch mal einen Krimi schreiben, erzählt sie.
Inspiration findet Luna in den alltäglichen Dingen. Durch Beobachtungen. Vor allem von fremden Personen. „Ich schaue gerne zu, wie das Leben so spielt und höre Gesprächen zu. Bei Fremden kann man sich dann immer eine Geschichte um diese Person herum ausdenken.“ Aber auch aus ihrem persönlichen Umfeld fließen Bruchstücke meist eher unterbewusst in ihre Geschichten ein. „Wenn ich unterwegs einen Geistesblitz habe und mir random eine Idee kommt, dann mache ich mir schnell eine kurze Handynotiz. Das kann mitten im Gespräch sein oder wenn ich Musik höre“, sagt Luna.
Gleichzeitig gibt ihr auch Musik immer mehr die nötige Stimmung, die sie zum Schreiben ihrer Bücher und Storys braucht. Jeder Charakter bekommt dabei ein eigenes Lied zugeordnet. Das hilft ihr sich in dessen Welt hineinzudenken.
Mittlerweile zieht Luna sich zurück, wenn sie schreiben möchte. Hört Musik. Oft passend zu den Charakteren und zur Stimmung. In jüngeren Jahren war das anders: „Ich habe drei jüngere Schwestern. Bei uns daheim war es also immer relativ laut und viel los. Das hat mir nichts ausgemacht. Viel eher habe ich den Tumult gebraucht. Ich konnte die Lärmkulisse aber immer total ausblenden und habe nichts mehr um mich herum mitbekommen.“
Klassische Schreibblockaden kennt Luna nicht. „Eher das Gegenteil“, sagt sie und lacht. So wollte sie nach der Veröffentlichung ihres letzten herausgebrachten Buches eine Pause einlegen und stieg dann doch nicht einmal einen Monat später wieder in ein neues Buchprojekt ein.
Auch jetzt wartet schon die nächste Idee für ein weiteres Buch auf sich. „Aber manchmal sitze ich schon vor dem Laptop und weiß, was in 20 Seiten passieren soll – aber nicht, was dazwischen geschieht. Da hilft es dann auch einfach mal, den Laptop auszuschalten.“
Das Hobby zum Beruf zu machen wäre für Luna nichts. „Ich bin bisher auch bei keinen Verlag unter Vertrag. Ich hätte Angst, dass ich dann mit Deadlines unter Druck gesetzt werde, oder Sachen an meinem Buch verändert werden, die mir nicht gefallen. Ich möchte mich einfach kreativ nicht einschränken lassen“, erzählt sie. Zudem ergänzt Luna, dass sie mit ihrer Ausbildung zur Mediengestalterin bereits schon einem ihrer Hobbys beruflich nachgeht: sich kreativ ausleben. „Das Schreiben ergänzt sich gerade so schön mit meiner Ausbildung – ich tue das auch gerne abends nach der Arbeit. Wenn ich acht Stunden am Tag beruflich schreiben würde, könnte ich das am Abend nicht mehr nur für mich privat tun.“
Da Luna ohne Verlag arbeitet, liegt auch das Lektorat, die Cover-Gestaltung und der Vertrieb in ihren Händen. „Bei meinem jetzigen Projekt habe ich das erste Mal Testleser und auch eine Lektorin, die sich angeboten hat. Außerdem habe ich in der Arbeit auch Kontakte, die mir Tipps für mein Cover geben können“, erzählt Luna. Trotzdem kann sich die Jungautorin vorstellen, einmal die Zusammenarbeit mit einem Verlag zu testen: „Aber ob es dann funktioniert, ist die andere Sache.“
Ihre Bücher gibt es überall zu kaufen – unter anderem bei Amazon, Thalia und Hugendubel. „Über meinen Druckanbieter epubli bekommt jedes Buch eine eigene ISBN“, erklärt Luna. Mit der ISBN können Bücher bei lokalen Buchhändlern bestellt oder Online gesucht werden. Das bestellte Buch wird dann „on demand“ gedruckt – also erst nach der Bestellung. „Das ist die kostengünstigste Variante. Bücher im Voraus zu drucken und zu lagern, möchte oder kann man als junger Mensch oft nicht tragen.
In ihrem zuletzt herausgebrachten Buch verarbeitet die 19-Jährige ihre Long-Covid-Erfahrungen. 2022 erkrankte sie an Corona – „eigentlich nicht schlimm“, sagt Luna. „Aber nach ein bis zwei Wochen habe ich gemerkt, dass ich nicht mehr so schwimmen kann wie zuvor. Ich war bei der Wasserwacht nicht mehr leistungsfähig.“ Auch Wandern, Spazieren und Treppensteigen viel ihr schwer. Nach einer Menge von Untersuchungen stellten die Ärzte per Ausschlussverfahren Long Covid fest. „Irgendwann wurde es besser. Aber es hat mich mental kaputt gemacht.“ Aus ihrer Erkrankung entwickelt Luna eine Idee: Sie möchte ein Buch schreiben, in dem der Protagonist aus dem Leben gerissen wird … mitgenommen wird. „In ,Fastchefsessel’ habe ich metaphorisch meine Erkrankung verarbeitet: Ein kleines Wesen sitzt auf der Schulter des Protagonisten und setzt ihm quasi Scheuklappen auf“, erzählt Luna. In dem Buch bestehend aus zwölf Kurzgeschichten trifft ein schusseliger Kommissar auf humorvoll-satirische Weise auf das knallharte Leben. Im Juli 2023 erschien es. „Ich wollte für mich aus dem ganzen Schlechten etwas Positives ziehen.
Immer öfter hält die Jungautorin jetzt Lesungen – zuletzt im Weidener Jugendtreff PlanB, im Elly-Heuss-Gymnasium oder an der FOSBOS in Weiden. Schüler und andere Interessierte haben im Nachgang die Möglichkeit Fragen zu stellen: Wie schreibt man ein Buch? Wie fängt man überhaupt an? Braucht man eine Routine beim Schreiben? Wie vermarktet man seine Bücher? „Zum Selfpublishing bekomme ich auch immer wieder Fragen“, erzählt die 19-Jährige. Auch Schreib-Workshops hält sie immer öfter. „Die Schüler haben zu mir gesagt, ich würde sie inspirieren. Andere zu inspirieren ist der Hauptgrund, warum ich schreibe. Und weil ich Menschen zurückgeben kann, was Bücher mir geben“, sagt Luna. „Auch wenn nur einer im Publikum ist, den ich inspiriere, dann ist das ein Geschenk.“
Wie man mit einem Buch anfängt? „Einfach den ersten Satz schreiben. Einfach irgendwas, auch wenn es nur zwei Wörter sind“, sagt Luna und lacht. „Der erste Satz wird sowieso immer im Nachgang nochmal geändert. Der erste Satz von meinem derzeitigen Projekt war so schlecht, dass ich Gänsehaut bekommen habe, als ich ihn später nochmal gelesen habe.
In ihrem derzeitigen Buchprojekt testet Luna einen Schreibstil aus, den sie so bisher noch nicht gewählt hat: zwei Protagonisten in unterschiedlichen Leben und zwei Geschichten, die nebeneinander erzählt werden, sich dann aber doch zu einer vereinen. „Es geht um Mut und Angst und es ist sehr nachdenklich. Ich schreibe aus ganz vielen Perspektiven und nehme viele Charaktere in meine Erzählungen mit auf“, erzählt sie. Veröffentlicht wird das Buch, an dem sie seit August 2023 schreibt, vermutlich im Sommer diesen Jahres. „Ich bin kurz vor dem Ende, das fühlt sich seltsam an. Ich hänge sehr an diesem Buch und meinen Charakteren. Es ist Melancholie und Vorfreude in einem. Denn ich widme es jemand ganz Besonderen: meiner Oma. Sie ist seit letztem Jahr krank. Ich freue mich drauf, ihr das Buch noch zu schenken.“
Eines ist Luna wichtig: „Jeder kann schreiben – man kann es lernen.“ Dabei ist die Jungautorin immer offen für einen Austausch, lernt selbst noch gerne Neues hinzu und möchte sich stetig weiterentwickeln. „Man lernt nie aus, auch ich nicht.“