Von Ex-CEO bis Metzger: Das sind die Ministerkandidat*innen der neuen Regierung und was ihr über die Volksverteter*innen wissen solltet.
Von Alexandra Maul und Kira Lorenz
Nach der Wahl ist vor der Regierungsbildung. Nachdem CDU und CSU bereits „ja” zum Koalitionsvertrag gesagt hatten, stimmt nun auch die SPD zu. Ihre wichtigsten Posten hat Lars Klingbeil (SPD) am 5. Mai bekannt geben. Wir haben euch die wichtigsten Personen zusammengefasst.
Die designierten Minister*innen von CDU und CSU sind häufig enge Vertraute des künftigen Kanzlers Friedrich Merz. Das sind die „Neuen” und diese Moves haben sie sich in der Öffentlichkeit bereits gemacht.
Good to know: Dass eine ehemalige Mitarbeiterin einer Tochtergesellschaft von E.ON Ministerin für Wirtschaft und Energie wird, könnte einigen Personen bitter aufstoßen. In der Vergangenheit fiel Reiche, die 2015 bereits als Familienministerin gehandelt wurde, vermehrt wegen homophober Aussagen auf. In einer Talkshow 2011 beispielsweise sagte sie, lesbische und schwule Paare seien „nicht normal”. Auch gegen die „Ehe für alle” sprach sich Reiche offen aus. Reiche selbst ist privat mit Karl-Theodor zu Guttenberg zusammen.
Side Fact: Das Ressort „Bundesminister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung” wurde neu geschaffen und wird von keinem anderen als dem ehemaligen Chef von Saturn und Media Markt vertreten. Der promovierte Physiker war bereits für T-Mobile, Vodafone und Telstar aktiv. Passt also wohl wie die Faust aufs Auge.
Good to know: Alexander Dobrindt war auch schon einer der mehr diskutierten Verkehrsminister. Besonders die gescheiterte Ausländermaut geht auf die Kappe seines damaligen Ministeriums. Vergangenes Jahr sorgte er mit seiner Aussage, man solle arbeitslose Ukrainer abschieben, erneut für Aufsehen.
Voll im Hashtag-Trend: #Prienruecktritt trendete während der Corona-Pandemie auf X (damals noch Twitter). „Bitte differenzieren: Kinder sterben. Das ist extrem tragisch. Aber sie sterben mit Covid-19 und nur extrem selten wegen Covid-19” twitterte die damalige Ministerin Schleswig Holsteins und sorgte damit für große Empörung in den sozialen Medien. Ihre Corona-Politk zeige wenig Empathie gegenüber Kindern mit Vorerkrankungen und vorsichtigen Eltern, warf man ihr vor.
Side Fact: Der Posten des Verkehrsministers passt wohl wie die Faust aufs Auge. Schnieder setzte sich unter anderem für den Ausbau der Autobahn A1 ein und organisierte eine Demonstration. Bleibt abzuwarten, wie viel Einsatz er im Ausbau des Schienennetzes zeigt.
Frei gilt als enger Vertrauter von Friedrich Merz – beide sind sich besonders im Thema Migrationspolitik einig. Der 52-Jährige forderte 2023 die Abschaffung des individuellen Asylrechts, was einen Konflikt mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention bedeutet hätte.
Good to know: Im Gegensatz zu Vorgänger Karl Lauterbach hat die Rechtsanwältin bisher keine bis wenig Erfahrung im Bereich Gesundheitspolitik. Während der Coronapandemie war sie im parlamentarischen Begleitgremium vertreten.
Side Facts: Allein die Vorstellung von Alois Rainer als Landwirtschaftsminister gab eine klare Richtung vor: „Leberkäs statt Tofu-Tümmelei” so kündigte Ministerpräsident Markus Söder den neuen Minister für Landwirtschaft an. Umweltverbände schlagen bereits Alarm.
Rainer ist gegen eine erhöhte Mehrwertsteuer auf Fleisch. Billige Fleischpreise würden sich laut Umweltschützer*innen aber auf die Gesundheit des Menschen und die Zerstörung der Umwelt auswirken.
Interessant: Dorothee Bär war bereits von 2018 bis 2021 im Staatsministerin im Bundeskanzleramt und als Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung tätig. Ansonsten spricht sie sich offen gegen die Legalisierung der Schwangerschaftsabbrüche nach §218 aus.
Failalarm: Wadephul erzählte kremlnahen Aktueren, die sich als Mitarbeiter des ukrainischen Präsidenten Selenskyj ausgaben, unter anderem Informationen zum Wahlkampf und Waffenlieferungen in die Ukraine.
Good to know: Relativ schnell und mit ordentlich Skrupellosigkeit hat sich Lars Klingbeil ins Amt des Parteichefs der SPD gearbeitet. Er zählt eher zum konservativen Teil der Partei und fiel zuletzt auf, als er Co-Vorsitzende Saskia Esken quasi die Schuld am schlechten Ergebnis bei der Bundestagswahl zuschob. Außerdem bezeichnete Klingbeil die AfD in einer Diskussionsrunde offen als „Nazis”.
Fun Fact: Bärbel Bas scheint vor allem eins zu sein: unproblematisch. Als (nun) ehemalige Bundestagspräsidentin war sie dafür bekannt, auch mal ihre eigene Partei zu kritisieren. Sie hat sich auch dafür eingesetzt, den Bundestag durch die Wahlrechtsreform zu verkleinern.
Interessant: Deutschland müsse wieder kriegstüchtig werden, findet Boris Pistorius. Er nimmt seinen Job als Verteidigungsminister aus der alten in die neue Regierung mit und auch sehr ernst. Heißt: 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung sollten schon drin sein.
Fun Fact: Als studierte Juristin ist Justizministerin Stefanie Hubig eigentlich ganz richtig in ihrem Amt. Interessant ist nur, dass sie und ihr Parteikollege Heiko Maas 2015 Stress mit dem damaligen Generalbundesanwalt Harald Range hatten. Dabei ging es um später eingestellte Ermittlungen gegen zwei Blogger von Netzpolitik.org wegen Landesverrats.
Gründer-Spirit: Seit 2021 sitzt Verena Hubertz im Bundestag. Vorher hat sie ein Startup für Kochrezepte gegründet. Ob sie ihrer neuen Aufgabe in einem ganz anderen Themengebiet gewachsen ist, daran zweifeln einige. Zum Beispiel die AfD in einem unprovozierten Statement auf ihrer Webseite.
Good to know: Der bisherige Ostbeauftragte steht Parteichef Klingbeil sehr nah – sie waren sogar zusammen im Urlaub. Mit Umwelt und Klimaschutz scheint Schneider bisher recht wenig zu tun gehabt zu haben.
Side Facts: Alabali-Radovan war in der Ampel-Regierung die Integrationsbeauftragte und setzte sich gegen Racial Profiling ein. Außerdem boxt sie in ihrer Freizeit.