Die Sperrzeit der Stadt Weiden und die darauffolgende Schließung des Clubs „Hashtag” beschäftigen momentan die Stadt. Im Gespräch mit Weiden24 äußerte sich nun Oberbürgermeister Jens Meyer.
Herr Meyer, es gab viele Reaktionen auf die Sperrzeit, die die Stadt Weiden dem Club „Hashtag” auferlegt hat. Haben Sie Jugendliche vor dieser Maßnahme befragt, wie ihre Lebensrealität aussieht?
OB Meyer: Grundsätzlich mache das nicht ich, denn wir haben hier über 600 Mitarbeiter im Rathaus, die mit verschiedenen Zuständigkeiten zu tun haben. Ob sie die Jugendlichen befragt haben, da wage ich mal ein dickes Fragezeichen dahinter zusetzen. Tut aber auch nichts zur Sache, denn wir haben als Sicherheitsbehörde den Auftrag, für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Raum der Stadt Weiden zu sorgen.
Wenn Sie sich an junge Menschen richten würden, was würden Sie ihnen aktuell sagen?
OB Meyer: Ich habe größtes Verständnis für die Kritik der Jugend. Sie kennen auch nicht die Hintergründe im Detail, wie ich sie kenne und wie ich sie auch nicht sagen darf. Das „Hashtag” ist tatsächlich der einzige Club, in welchem sich die 18- bis 30-Jährigen aufhalten. Hier in Weiden und der Umgebung bricht für sie ganz ordentlich was weg.
Nach Kirwan und anderen Veranstaltungen gibt es ebenfalls regelmäßig Polizeieinsätze. Was unterscheidet diese von den Polizeieinsätzen am Wochenende?
OB Meyer: Das müssen Sie die Polizei fragen.
Aber wenn eine Veranstaltung endet, gibt es immer wieder Zwischenfälle: Raufereien, Schlägereien …
OB Meyer: Solche Veranstaltungen sind immer Brennpunkte, auch für Straftaten, insbesondere zu späterer Stunde. Wenn der Alkoholgenuss das Bewusstsein trübt, kommt es eben zu solchen Ausfällen. Der Unterschied zu einer Diskothek, die jeden Freitag und Samstag betrieben wird: Es sind eben 100 Tage im Jahr zu einem Tag Kirwa im Jahr.
Was passiert, wenn sich das Problem zu einer anderen Diskothek verschiebt?
OB Meyer: Ich habe mit einigen Betreibern und szenekundigen Menschen gesprochen, sie sagen, das „Hashtag” ist einzigartig für die 18- bis 30-jährigen Besucher, die dort sind. Das „Loop” hat ein bisschen einen anderen Zielkreis. Und das „Monkey” hat auch nur einmal im Monat für eine Ü30-Party geöffnet. Da gibt es nichts Vergleichbares. Was uns hier von anderen Lokalitäten ganz besonders unterscheidet, ist die fußläufige Erreichbarkeit.
Da das „Hashtag” aber zu ist, wird das „Loop” die Alternative sein. Sonst gibt es in der Umgebung – bis auf das „Pearls” in Nabburg, das auch nur mit dem Auto zu erreichen ist – nichts.
OB Meyer: Wir werden es jetzt mal beobachten müssen. Wir haben die Schließung nicht gewollt, sondern wir haben versucht, mit dem Instrument der Sperrzeitverlängerung hier insbesondere dem Straftatenaufkommen entgegenzuwirken, das nach 4 Uhr auftritt. Wir werden sehen, ob es vor dem Verwaltungsgericht standhält. Bleibt es bei einem so hohen Aufkommen, wie es bisher war, dann wäre das „Hashtag” entlastet. Ändert sich die Situation deutlich, dann weiß man schon, dass die Ursache dort im „Hashtag” zu finden ist. Nicht unbedingt beim Betreiber, sondern bei denjenigen, die das „Hashtag” besucht haben und dort für entsprechenden Ärger sorgen.
Was passiert, wenn sich die Situation „bessert”, es also weniger Straftaten gibt?
OB Meyer: Wir haben mit Daniel Zienert so vereinbart, dass wir uns im Herbst nochmal austauschen, wenn wir entsprechende Erkenntnisse haben. Dann werden wir darüber reden, ob eine Sperrzeitverkürzung und damit für Daniel Zienert wieder eine Eröffnung im Raum stünde oder nicht. Ich glaube, es ist heute zu früh, um darüber eine aussagekräftige Entscheidung oder überhaupt eine Aussage darüber zu treffen.
Nachdem das „Hashtag” jetzt komplett geschlossen ist: Wie möchte man ein Fazit daraus ziehen, ob es besser wird, wenn es keine Grundlage dafür gibt?
OB Meyer: Mir wäre es lieber gewesen, er hätte diese Sperrzeitverlängerung akzeptiert. Dann wäre es viel aussagekräftiger gewesen, aber das haben wir nicht in der Hand, das war eine freie Entscheidung des Betreibers. Ich war von der auch sehr überrascht.
Wenn Sie gewusst hätten, dass Herr Zienert das „Hashtag” aufgrund der Sperrzeit schließt, hätte es etwas an Situation verändert?
OB Meyer: Jetzt sind die Dinge so, wie sie sind. Wäre, hätte, könnte – das sind Spekulationen, da kann man nichts dazu sagen.
Ich denke, Sie verstehen, dass das wirtschaftlich nicht geht, wenn die Jugend um 1 Uhr nachts feiern geht und um 2.30 Uhr werden sie rausgeschickt.
OB Meyer: Feiern tun sie schon vorher.
Aber wenn die Diskothek um 20 Uhr aufmacht, würde da auch keiner vor Mitternacht erscheinen. Für die Jugend ist es schwierig, [die Sperrstunde] nachzuvollziehen. Was die Jugendlichen auch meinen: Es ist ein weiterer Schritt, die Stadt unattraktiv zu machen.
OB Meyer: Nochmals: Wir haben ein massives Sicherheitsproblem und unsere Aufgabe als Stadt Weiden ist es, für die Sicherheit im öffentlichen Raum zu sorgen. Das hat nichts damit zu tun, dass wir eine Stadt unattraktiv machen wollen.
Geht es auch darum, dass sich die gefühlte Sicherheit wieder verbessert?
OB Meyer: Beides. Wir haben objektiv eine hohe Sicherheitslage in Weiden. Subjektiv ist es etwas anderes. Wir haben Brennpunkte und einen eben auch im Bereich des „Hashtag”. Die Vielzahl der Diskothekeneinsätze war dem „Hashtag” zuzuschreiben. Und da reden wir auch nicht nur von Beleidigungen oder Sachbeschädigungen, sondern auch von Kapitaldelikten (Anm. d. Red.: 2023 verzeichnete die Polizei zwei versuchte Tötungsdelikte im Januar und Mai sowie eine Vergewaltigung. Eine weitere versuchte Vergewaltigung stellte sich als Falschmeldung heraus). Ich möchte diejenige Mutter, denjenigen Vater hören eines 25-Jährigen, der unschuldig in eine Messerstecherei hineingezogen wird, weil manche sich nicht im Griff haben und dann das Raufen anfangen. Da kommt ein unbeteiligter Discobesucher raus – Messer im Bauch. Was wäre denn dann?
Was ist, wenn die Menschen aus einer anderen Bar in der gleichen Straße heraus spazieren? Wird es dann auch dem „Hashtag” zugeordnet?
OB Meyer: Es ist ein anderes Publikum.
Die Menschen lösen sich nicht in Luft auf, bloß weil das „Hashtag” nicht mehr da ist.
OB Meyer: Tatsächlich gab es mit Gästen aus dem „Toucan” oder aus dem „Greys” keine Probleme. Da muss ich mich auf die Aussagen berufen, die mir von der Polizei zugetragen werden.
Was tun, damit die Stadt attraktiv für junge Menschen bleibt? Gibt es Pläne für die Zukunft?
OB Meyer: Könnte schon damit losgehen, dass nicht immer negativ berichtet wird, sondern auch mal über Neueröffnungen und nicht über Schließungen. Denn die Neueröffnungen übersteigen deutlich die Zahl der Schließungen. Wir haben eine Befragung geplant (Anm. d. Red.: Die Befragung startet im April 2024). Wir wollen wissen, wie wird das kulturelle Angebot der Stadt Weiden von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen. Aber ich glaube schon, dass es gute Angebote für junge Menschen gibt: Unser Jugendzentrum, wir haben das Schülercafé „Plan B”, wir haben den Skaterpark, wir wollen jetzt den Dirt-Bike-Park in Angriff nehmen. Darüber hinaus das Kinderbürgerfest als eine Maßnahme im festen Veranstaltungskalender unserer Stadt. Es ist schon was geboten. Tatsächlich fehlt es an Angeboten für junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren.
Dem Alter der „Hashtag”-Gänger.
OB Meyer: Ja, aber ich kann als Stadt Weiden keine Diskothek betreiben. Ich kann nur schauen, dass es in geordneten Bahnen läuft.
Das Gespräch führten Claudia Moser und Florian Bindl.