Steinstadl Traumhaus – Alte Mauern mit neuem Leben | Weiden24

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Dani in ihrer offenen Küche im Landhausstil. (Bild: Johanna Nübler)
Dani in ihrer offenen Küche im Landhausstil. (Bild: Johanna Nübler)
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Dani in ihrer offenen Küche im Landhausstil. (Bild: Johanna Nübler)

Steinstadl Traumhaus – Alte Mauern mit neuem Leben

Es riecht nach Heu, Licht fällt durch ein Scheunentor und in der Ecke gackern Hühner – möchte man meinen.

Doch statt Futter und Holz steht da heute eine offene Landhausküche und die Geräusche kommen aus smarten Lautsprechern. Daniela und Marco haben ihren über 500 Jahre alten Stadl in ein Traumzuhause verwandelt.

Ursprünglich wollen Daniela und Marco das Nachbarhaus sanieren, in dem sie damals wohnen. Die Idee: Das alte Haus, das ursprünglich Danielas Großeltern gehörte, sanieren, modernisieren, weitermachen. Doch ihre Architektin – spezialisiert auf Altbauten – sieht Potenzial in dem alten Stadl und bringt ihn als Projekt ins Spiel. Damals ein düsterer großer Abstellraum mit Holz, alten Geräten und Müll – nichts, was man spontan als Wohnraum sehen würde. Doch irgendwann wirft auch ein Bekannter bei einem Besuch einen Blick darauf und bringt den weiteren Anreiz: „Macht doch daraus das Wohnhaus.“ Die Idee bleibt hängen.

„Unsere Familien waren erstmal sehr skeptisch – sie meinten: Was tut ihr euch da an? Es war ja wirklich ein verfallenes Haus“, erzählt Daniela. Sie führen viele Gespräche, bis sie den Entschluss fassen, das Projekt zu wagen. Der Plan fürs Nachbarhaus wird damit kurzerhand verworfen, und ein neuer für den Stadl gemacht. „Wir haben uns das aber von Anfang an auch viel besser vorstellen können mit dem Stadl, der hatte viel mehr Charme. Wir hatten sofort eine Vision im Kopf.“

„Man muss schon auch ein bisschen verrückt sein, sonst macht man sowas nicht“, sagt die 32-Jährige lachend. Verrückt – oder einfach verliebt. In das alte Holz. In die Lage und Gerüche. In die Geschichte. In die Vorstellung, genau hier ein neues Zuhause zu schaffen. Der Stadl hat für sie emotionalen Wert – Daniela ist hier aufgewachsen. Trotz zwiespältiger Meinungen aus ihrem Umfeld verwirklicht das Ehepaar seinen Traum. „Für uns war immer klar: Diesen Charme kriegst du mit einem Neubau niemals hin.“

Im Stadtarchiv in Amberg finden sie alte Übergabescheine, zurückdatiert bis 1720 – doch alle Experten sind sich sicher: Das Gebäude ist deutlich älter. Früher Stall für Pferde und Schweine, später Schuppen und Lagerraum – heute: offenes Wohnen auf 200 Quadratmetern, mit Originalbalken sowie Rundbögen als bodentiefe Fenster und Eingangstür.

Marco, handwerklich begabt, aber ohne Renovierungserfahrung, stürzt sich mit großem Lernwillen ins Projekt – über ein ganzes Jahr hinweg. Stundenlang recherchiert er und liest sich ein. Das Ehepaar spricht viel mit Freunden, die schon ähnliche Projekte gemacht haben. Trotzdem müssen sie sich besonders bei den ersten großen Entscheidungen auf die erfahrene Architektin verlassen, die weiß, wo man anfangen muss – zum Beispiel mit dem Dachstuhl, damit die Statik stimmt.

Drei Jahre lang arbeiten die Lehrerin und der Projektleiter nach Feierabend und an Wochenenden am Umbau – mit 60 Prozent Eigenleistung. Vor allem Marco verbringt seine Freizeit nur noch auf der Baustelle bis spät in die Nacht. „Wenn ich Marco nicht gehabt hätte, hätte ich das alles aber niemals gemacht“, gibt seine Frau zu. Es gibt Rückschläge, Verzögerungen, schlaflose Nächte – aber auch Tränen der Rührung, als die Räume endlich verputzt sind und das erste Mal wie ein Zuhause wirken.

Die Magie der Meilensteine

„Es war wirklich eine emotionale Reise mit Höhen und Tiefen“, erinnert sich das Paar. „Der Moment, als die Wände verputzt waren – das war Wahnsinn. Es war dann plötzlich einfach ein Haus. Das war rührend, weil man sich jahrelang aufackert. Da sind uns schon mal Tränen gekommen.“ Jeder dieser Meilensteine – Decken, Trockenbau, Estrich, Elektrik, erste Wandanstriche – ist wie ein kleiner Etappensieg. Und wie ein Push, um weiterzumachen. Besonders dankbar und stolz sind sie noch immer für die Unterstützung von Freunden und Familie. Danielas Papa, ein pensionierter Elektroingenieur, kümmert sich beispielsweise über Monate allein um die gesamte Elektrik.

Gezweifelt haben sie oft – besonders zu Beginn. Der Grund: die Baukosten. Vor allem die Rohbauarbeiten waren kostspieliger als gedacht, denn auch die Arbeiter sind auf Altbau und Denkmalschutz spezialisiert und arbeiten mit höchster Sorgfalt. Daraus haben die beiden gelernt: Heute würden sie bestimmte Arbeiten anders vergeben. Auch zwischendurch hinterfragen die beiden Nabburger immer wieder ihr Vorhaben. Aber: „Man hat dann ja schon angefangen, da kann man nicht mehr zurück“, sagen sie und lachen.

Die emotional größte Herausforderung? „Die Dauer“, sagen sie. „Und dass man einfach oft nicht wusste, wie oder wann es weitergeht, weil sich was verzögert. Oder wenn wieder was Unerwartetes kam – wie der Schimmel an den Balken im Obergeschoss, den wir komplett behandeln mussten.“ Und trotzdem: Das Projekt hat die beiden nicht nur gefordert, sondern auch gestärkt.
„Wir hatten auch unsere Tiefs, klar. Aber wir haben uns gegenseitig immer wieder aus dem Loch rausgezogen. Nur dadurch haben wir‘s geschafft. Und genau das hat uns als Paar auch stärker gemacht.“

Vom Stall zum Wohntraum

Was heute kaum jemand glauben würde: In einer Ecke stand früher ein Hühnerstall, dazu ein Holzbollerwagen, ein gut erhaltenes Schaukelpferd und Kutschenräder aus Kriegszeiten. Das Holzschaukelpferd haben sie behalten – als Erinnerung. Heute sind die Räume hell, offen und mit viel Herz gestaltet – rustikaler Holzboden, eine Mischung aus modernen und alten Möbeln, sichtbare Mauerabschnitte als Designakzente.

„Uns war wichtig, die Geschichte des Gebäudes spürbar zu machen – wir wollten aber einen Mix aus alt und modern“, sagt Daniela. Die Mischung gelingt: Gebrauchte Holzmöbel treffen auf cleane, freundliche Formen und Smart-Home-Technik. Ihr Lieblingsplatz? Der Wohnraum. „Hier spürt man am meisten, was der Stadl heute ist – und was er mal war.“ Es ist ein weitläufiger Raum als Wohn- und Esszimmer inklusive offener Küche in freundlichen, natürlichen Farbtönen. Beidseitig spenden große Fensterbögen viel Licht, während der Kamin und eine gemütliche Couch für eine warme Atmosphäre sorgen. Ein besonderer Blickfang: die alte Holztreppe aus dem Heuboden, die Marco restauriert und ins Schlafzimmer integriert hat – ein DIY-Projekt mit Symbolcharakter.

Unter Denkmalschutz steht der Stadl nicht. „Wir hätten die Wahl gehabt, es als Denkmalschutz anzumelden, aber das hätte uns sehr eingeschränkt“ – finanziell
sowie baulich. Im Obergeschoss waren Gucklöcher, die nicht hätte vergrößert und ein Torbogen hätte nicht gesetzt werden dürfen. Sie hätten wegen der vielen Vorschriften nicht die Freiheit gehabt, ihr Traumhaus nach ihren Vorstellungen zu gestalten.

Der Einzug war kein großes Ereignis, sondern ein leiser Moment: „Wir haben einfach die Katze und eine Matratze gepackt und sind eingezogen“, berichtet Daniela. Sie erinnern sich noch heute gerne daran. „Weil wir zu dritt das erste Mal endlich hier zuhause waren. Die Katze war wohl aufgeregter, als wir“, erzählen sie schmunzelnd. Nach all der Arbeit fühlt es sich zu diesem Zeitpunkt wie Zuhause an – und tut es noch heute.

Ein Ort der Inspiration

Während der Renovierung entstand aus einem Garten-Instagram-Account eine Plattform für ihre Sanierungsgeschichte. Da das ursprüngliche Profil bereits gut lief, wollten sie Einblicke in dem Umbau zeigen und entdeckten eine große thematische Nische. „Es war von Anfang an auch als Austauschquelle gedacht“, erzählen Daniela und Marco. Durch den Account konnten sie sich mit vielen Anderen vernetzen, die auch saniert haben.

Noch immer teilen sie Transformationen, Tipps und Einblicke als Inspiration sowie Motivation für andere. Heute stehen sie selbst vielen Instagram-Nutzern bei Sanierfragen Rede und Antwort. Künftig wollen sie vielleicht Anleitungen oder Workbooks für andere Sanierungsprojekte anbieten. Doch eins nach dem anderen. „Das nächste Projekt ist der Außenputz und das Obergeschoss vom Haus nebenan – es hört nie auf“, sagen die stolzen Stadlbewohner lachend.

Traumstadl Quickies

  • Wie würdet ihr euer Haus beschreiben? Vintage-modern
  • Die Umbau-Reise in 3 Worten? Emotional, herausfordernd, bereichernd
  • Das unterwartetste Fundstück im Haus? Das alte Holz-Schaukelpferd. An das konnte sich Danielas Mama aus Kindheitstagen noch erinnern.

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