Personalsorgen, Krankheitswelle, kaum spielfähiger Kader – und plötzlich steht Ralf Herbst wieder auf dem Eis. Die Blue Devils Weiden reagieren vor Rosenheim mit einem Schritt, den so niemand auf dem Zettel hatte.
Mit diesem Comeback hatte tatsächlich kaum jemand gerechnet. Die ohnehin angespannte Personalsituation der Blue Devils Weiden hat sich unter der Woche durch eine massive Krankheitswelle weiter zugespitzt – so sehr, dass zeitweise kaum noch an einen regulären Spielbetrieb zu denken war. Nach Angaben von Trainer Sebastian Buchwieser standen für das Auswärtsspiel bei den Starbulls Rosenheim am Freitagabend zwischenzeitlich nicht einmal zehn einsatzfähige Feldspieler zur Verfügung. Trainiert wurde an einzelnen Tagen mit sieben, später mit acht Feldspielern. Eine Situation, die selbst in einer verletzungsreichen DEL2-Saison ungewöhnlich ist.
Die Konsequenz daraus ist ebenso pragmatisch wie bemerkenswert: Die Blue Devils haben kurzfristig Ralf Herbst reaktiviert. Der 39-Jährige, der seine aktive Karriere 2023 offiziell beendet hatte, schnürt noch einmal die Schlittschuhe und hilft dem Team aus. Herbst ist in Weiden alles andere als ein Unbekannter. Erstmals 2007 trug er das Trikot der Blue Devils, kam dann 2013 zurück, wurde erst Assistenzkapitän, später Kapitän und über viele Jahre eine feste Größe in der Defensive. Nach seinem Karriereende blieb er dem Klub als Leiter der Geschäftsstelle erhalten – nun folgt also ein unerwarteter, wenn auch zeitlich begrenzter Rückgriff auf alte Zeiten.
Dass ein ehemaliger Kapitän und eine echte Legende des Weidener Eishockeys knapp zwei Jahre nach dem Karriereende noch einmal auf dem Spielberichtsbogen auftaucht, sagt viel über die aktuelle Lage aus. Es ist kein symbolischer Akt, sondern eine Notlösung, um überhaupt eine spielfähige Mannschaft stellen zu können. Wie lange Herbst aushelfen wird, ließ der Verein offen. Klar ist jedoch: Es geht sicherlich nicht um langfristige Planung, sondern um akute Schadensbegrenzung.
Parallel dazu haben die Blue Devils weitere Maßnahmen ergriffen und gleich mehrere Spieler per Förderlizenz in den Kader integriert. Vom DEL-Aufsteiger Dresdner Eislöwen kommt der 21-jährige Stürmer Matthias Pischhoff. Er absolvierte in dieser Saison 25 DEL-Spiele und sammelte dabei einen Assist. Ebenfalls neu dabei sind zwei Nachwuchsspieler aus der U20 des EV Landshut: Maxim Scholl und Maximilian Oswald. Scholl, 19 Jahre alt, bringt aus der laufenden DNL-Saison 26 Spiele mit 14 Toren und 14 Assists mit. Oswald, ebenfalls 19, kommt in 18 DNL-Partien auf fünf Treffer und drei Vorlagen und sammelte zudem erste Oberliga-Erfahrung bei den Erding Gladiators.
Diese Schritte zeigen vor allem eines: Jürgen Rumrich und die Blue Devils haben in kurzer Zeit alle verfügbaren Hebel in Bewegung gesetzt, um eine spielfähige Mannschaft an den Start zu bringen – sowohl für das Auswärtsspiel in Rosenheim als auch für die weiteren Aufgaben. Sportlich sind solche Voraussetzungen alles andere als ideal, organisatorisch jedoch derzeit kaum anders zu lösen.
Dass in dieser Situation sogar ein 39-jähriger Ex-Kapitän noch einmal aktiviert wird ist Ausdruck der Realität, in der sich die Blue Devils aktuell bewegen. Niemand erwartet Wunder, aber gerade Herbst wird sich, wie man ihn kennt, nicht verstecken und versuchen, mit seiner Erfahrung Ordnung ins Spiel zu bringen. Eins kann man schon vor dem Comeback aber mit Fug und Recht behaupten: Ralf Herbst lässt die Blue Devils auch diesmal nicht hängen.